Malerei, Gedanken

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    Von hochgeladen am 12.03.2011

    Samsas Traum
    (S.T.angstI)Sie fragen mich, was Angst ist ? Angst kann sehr vieles sein.
    Angst ist, wenn Sie nur sehr langsam wach werden;
    bevor Sie aufstehen liegen Sie einfach nur da und starren in den Raum.
    Über Ihrer Netzhaut liegt ein milchiger Film, der Ihre Umwelt weich zeichnet.
    Das verhaßte Licht des neuen Tages dringt durch ein Fenster während Sie
    langsam beginnen, Ihren Körper wahrzunehmen. Angst ist auch,
    wenn Sie eine ganze Weile dafür brauchen, Ihre Gedanken in Bewegung
    zu versetzen. Angst ist, wenn Sie weder wissen, welcher Tag es ist, noch

    was Sie gestern und am Abend zuvor getan haben. Als Sie alle Ordner und
    Schubladen Ihres Gehirns danach durchsucht haben und endlich fündig
    geworden sind, fällt Ihnen augenblicklich, wenn nicht sogar gleichzeitig ein,
    welche angsteinflößenden und unangenehmen Aufgaben Sie auch heute
    wieder zu bewältigen haben werden. Während Sie aufstehen,
    sind Sie von ständig zunehmender Angst umgeben;
    Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sie einzuatmen.
    Die nächste Station der Angst begegnet Ihnen im Badezimmer.
    Sie blicken in den Spiegel und sehen ein Gesicht, das Sie kaum kennen.
    Mit lebensmüden, aufgequollenen Augen schaut Sie ein Fremder an;
    fettige Harre, grobporige, schuppige Haut, unrasiert.
    Als dieser Fremde unter die Dusche tritt, bemerkt er,
    daß sein Körper nicht mehr so aussieht, wie er ihn in Erinnerung hatte;
    daß er nicht mehr im Besitz des Körpers ist, den er gerne hätte.
    Angst ist, wenn Sie sich selbst nicht schön finden:
    wenn Sie dick und weiß sind und Sie sich in Ihrer Haut nicht wohl fühlen.
    Die bleichen Hände, die den verkalkten, matten Duschhahn aufdrehen,
    beginnen unter dem kalten Wasser eine lila Färbung anzunehmen.
    Angewidert reiben Sie den schwammigen Körper mit Seife ein und fühlen
    sich dabei, als würden Sie eine Qualle streicheln. Nachdem Sie alle Rituale,
    die zum traditionellen Beginn eines Tages notwendig sind ausgeübt haben
    und das Höchstmaß an Funktionalität von Körper und Geist
    wiederhergestellt ist, erreichen Sie den Höhepunkt des Tages
    mittels des Dramas um die erst Zigarette am Morgen.
    Bringen Sie es hinter sich. Nach drei Zügen sind Sie schonungslos im
    Depressionsholocaust verloren. Die Probleme, hauptsächlich solche,
    die Sie sich selbst konstruiert haben, sausen ihnen wie
    Maschinengewehrsalven um die Ohren. Orgasmen aus Existenzängsten,
    Geldnöten, Beziehungskrisen, unfreundlichen Mitmenschen,
    bürokratiegetränkten Behördengängen und Termindruck schreien
    Ihnen von beiden Seiten um die Ohren, so daß Sie sich eine Kugel
    durch den Kopf schießen möchten, um dem ganzen Fiasko ein
    angemessenes Ende zu bereiten. Nach viereinhalb Minuten hört der Spuk
    so schnell auf, wie er begonnen hat. Der Glimmstengel erlischt
    im Aschenbecher. Zusammenfassend würde ich sagen,
    daß Angst ein sehr großer Bestandteil meines Leben ist;
    besser gesagt: geworden ist.

Titel der Buchleser! oder wie ich einen Gedanken sichtbar machte..
Material, Technik Plakatfarbe, Aquarellfarbe, Universalfarbe, Tusche, Bleistift
Format 24x32 ~ zOOm (passt nicht alles drauf)
Jahr, Ort 2011
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    Info 1716 13 3 4.2 von 6 - 10 Stimmen
    • 13 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.
    • absurd-real
      Hab grade Bock einen dicken Batzen zu kopieren;)..Angst II von SamsasTraum:

      Sie fragen mich, was angst ist? angst kann sehr vieles sein, ich kann
      Mich allerdings nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte mal
      Eine angst in der art gefühlt zu habe, wie ich sie in der zelle nr. 47
      Empfand. wenn ich mir meine aufnahmen von damals anhöre, habe
      Ich das gefühl, dass zwischen mir und meiner vergangenheit welten
      Liegen; welten, von denen ich nur in den seltensten fällen einen
      Eindruck erhaschen oder eine erinnerung behalten durfte. das einzige,
      Was ich vom „damals“ mit ins „heute“ genommen habe, sind allen
      Anscheins nach die zigaretten.

      Ich erinnere mich noch genau an die worte von s., die er bei seinem
      Einzigen besuch im suicide apartment äußerte: „und das da ist die
      Ecke, in der dein gehirn hätte kleben sollen“. er deutet mit dem
      Zeigefinger auf die weiße betonwand und grinste verlegen. „keine
      Ahnung, mit diesem haus stimmt etwas nicht. das merkt man schon,
      Wenn man durch den flur mit dem kalten licht geht“. „ja, du hast
      Recht“, erwiderte ich und bekräftige damit beide seiner aussagen. ich
      Weiß nicht, ob er mir damals meine verwunderung über diesen beweis
      Seiner empathie angemerkt hat, aber s. hat am frühen nachmittag
      Eines tages im sommer 2002 ein einziges mal jenes bild gesehen, das
      Jeden abend vor meinen augen aufgestiegen ist.

      Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich dieses haus jemals lebend
      Verlassen würde. ich habe gefühlt, dass es mich töten wollte; selbst
      Nachdem ein nachmieter gefunden und die wohnung der
      Hausverwaltung übergeben worden war, zweifelte ich noch daran,
      Dass ich es unbeschadet aus der tür hinaus ins tageslicht schaffen
      Würde. ich habe mich ans treppengeländer geklammert und bin stufe
      Für stufe ganz langsam und vorsichtig hinuntergegangen; ich
      Befürchtete, im letzten moment zu stolpern und mir das genick zu
      Brechen. als die tür hinter mir ins schloss gefallen war, wusste ich
      Intuitiv, dass es mit meinem leben noch bis zu einem gewissen punkt
      Weiter bergab gehen würde, deshalb konnte ich mich nicht freuen. ich
      Habe mich bis zum heutigen tag nicht mehr in die nähe dieses hauses
      Getraut, obwohl es das naheliegendste wäre, um meinen erinnerungen
      Auf die sprünge zu helfen.

      Gegenwart. ich steige aus der dusche und sehe mir im spiegel dabei
      Zu, wie ich vergeblich versuche, meinen strubbeligen, nassen haaren
      Eine frisur zu verpassen, die auch nur ansatzweise gut aussieht. das
      Augenpaar, das mir aus dem badezimmerspiegel entgegenblickt, kenne
      Ich ganz genau. ich habe in den letzten 500 tagen unzählige male in
      Diese augen geblickt, und ihre blicke haben bände gesprochen, janis
      Holt mich aus dem narrenkästchen zurück auf den planeten erde; sie
      Springt auf den schrank neben dem waschbecken und bettelt mit
      Ihren pfoten um meine hände. ich öffne das badezimmerfenster und
      Lasse neben der katze eine wolke heißen wasserdampf hinaus ins freie
      Steigen. das bad ist 100%ig angstfrei; das einzige, was mich an früher
      Erinnert, sind die negativen emotionen, die sich kurzzeitig in mir
      Aufbäumen, als ich mit der kalten luft zwangsläufig auch die geräusche
      Anderer menschen in meinem lebensraum hineinlasse. ich hasse es
      Immer noch, die anwesenheit von mir nicht geduldeter lebewesen
      In meiner nähe ertragen zu müssen. ich unterdrücke einen kurzweiligen
      Misanthropischen ausbruch; ich unterdrücke ihn, ich bewältige ihn
      Nicht. ich will ihn nie und ich werde ihn nie bewältigen können.

      In dem wirtshaus, in dem wir uns gezwungenermaßen an diesem
      Abend befinden, sitzt uns am tisch ein ehepaar in den mittleren
      Jahren gegenüber, das damit beschäftigt war, salzige und vor fett nur
      So triefende nahrung in schmatzenden münder zu schaufeln. der
      Mann zerreißt ein gebratenes huhn mit den händen und leckt sich
      Die finger ab. die frau schnappt hastig nach einer gabel, auf der sich
      Wässriger krautsalat befinden. die beiden erzählen uns stolz von ihren
      Blutwerten und behaupten, dass man, wenn man mit der nahrung zu
      Viel salz aufnimmt, einfach mehr trinken müsse. „ich trinke sowieso
      Viel bier“, sagt der mann und beißt in seine hühnerkeule. ich
      Kontrolliere kurz ein paar register in meinem kopf und komme
      Schließlich zu der feststellung, dass er den satz, den er eben sagte,
      Todernst gemeint hat und von der richtigkeit dessen inhalts überzeugt
      War. in meiner phantasie schreie ich den beiden „salz bindet das wasser
      In den zellen, verdammt noch mal!“ und „alkohol gilt nicht als
      Flüssigkeit!“ ins gesicht; in der realität halte in meinem mund und
      Versuche, mir de ekel, den die beiden in mir verursachen, nicht
      Anmerken zu lassen. auf ihren hochroten köpfen bilden sich über den
      Zusammengekniffenen schweinsaugen die ersten, kleinen
      Schweißperlen. angst beschleicht mich in dieser situation lediglich
      In dem augenblick, in dem ich mir eingestehen muß, dass diese beiden
      Menschen keinen blassen schimmer davon haben, was in der welt um
      Sie herum passiert und dass sie die grenzen ihrer köpfen niemals
      Überschreiten werden.

      Im bett beschleicht mich kurz ein gefühl, das mich an angst erinnert.
      Ich habe dieses gefühl an diesem ort oft empfunden, es war eine
      Form von angst, die ich vorher noch nicht kannte und die sich
      Mittlerweile auf ein minimum reduziert hat bzw. so gut wie gar nicht
      Mehr vorhanden ist. ich habe den eindruck, dass unter der
      Zimmerdecke negative energie hängt, die auf mich herabschaut. sie
      Wartet darauf, mich anfallen und auffressen zu können. ich weiß, dass
      Es mir eines tages gelingen wird, sie bis in alle ewigkeit aus diesem
      Raum zu vertreiben; falls sie nicht schon längst fort ist. ich missachte
      Völlig, dass es sich bei ihr möglicherweise um meinen eigenen hass
      Handeln könnte. „eines tages werde ich dieses haus abreißen lassen“,
      Denke ich müde. ich zünde eine kerze an und schlafe langsam ein.
      Am anderen morgen muß ich mir eingestehen, dass ich nicht wirklich
      Davon ausgegangen bin, während der nacht von einem klumpen
      Antimaterie gefressen zu werden.

      Das telefon klingelt. wenn jemand so früh anruft, kann es sich nur
      Um meine plattenfirma handeln. „hallo a., hier ist k.! ich habe dir
      Etwas zu sagen… etwas, das du noch nicht wusstest.“ ich bin froh,
      Diese worte nicht zu hören. „a., willst du mit samsas traum
      Noch erfolgreicher werden? willst du noch mehr platten verkaufen?
      Ja?“ die stimme meines plattenbosses preist mir durch die
      Hörermuschel meinen eigenen erfolg wie ein fischverkäufer aale auf
      Einem wochenmarkt an. angst macht mir in solchen augenblicken
      Ausschließlich die risikofreudige selbstsicherheit und die meiner
      Leistungsfähigkeit von mir entgegengebrachte ignoranz, die mir sätze
      Wie: „sicher, kein problem. wir verwirklichen alle pläne, so kurzfristig
      Sie auch gefasst sein sollten“ über die lippen gleiten lässt.

      Ich habe festgestellt, dass es sich bei diesem leben im allgemeinen.
      Bei all seinen problemen, ihren lösungen, ihren ursachen und den
      Auswirkungen diverser handlungen lediglich eine folge von
      Logischen zusammenhängen handelt. wenn ich „a“ ausführe, wird „b“
      Passieren. wenn ich „c“ unterbinde, wird „d“ niemals geschehen; man
      Kann dieses spiel das ganze alphabet, hinauf und hinunter, kreuz und
      Quer, durchspielen. hierbei handelt es sich um keine annahme, sondern
      Um eine tatsache, die nicht nur das phantom der angst fast völlig
      Verblassen lässt, sondern die auch dabei hilft, die natur etlicher
      Gedankenverkettungen zu durchschauen. das eigene leben, sogar
      Der eigene kopf verwandelt sich durch dieses denkmodell in ein
      Schachbrett, auf dem man seine taten wie figuren bewegt; und man
      Bewegt sowohl die weißen als auch die schwarzen figuren. angst
      Hingegen ist ein zustand, in dem man der fähigkeit, bewusst in die
      Eigene geschichte einzugreifen, beraubt wurde oder sich freiwillig hat
      Berauben lassen. ich hatte das glück, dass ich vor der blütezeit dieser
      Entwicklung komplett zerstört wurde und für mich nur noch die wahl
      Zwischen tod und leben bestand, mir die entscheidung also ziemlich
      Leicht gemacht wurde. vielleicht habe ich einfach nur darauf gewartet,
      Dass mein leben endlich auf zwei richtungen reduziert werden würde,
      Die mir nicht immer eindeutig sichtbar vor den augen lagen.

      Zusammenfassend würde ich sagen, und ich betrachte diesen satz als
      Wiedergutmachung für das, was mir u.a. von mir selbst angetan wurde,
      Dass angst kein bestandteil meines lebens mehr ist.
    • absurd-real
      "..das kenn ich!"... - was kennst du?!
      Danke!
    • Gast, 7
      sehr schön eingefangen dieser moment, danke, das kenn ich!
    • absurd-real
      (..oder dieses..;))
    • absurd-real
      *!*
      ******

      Top!


      Danke!


      Das ist doch unverschämt übertrieben...
      Finde ich...
      So was habe ich nie verstanden...
      Wieso? Warum?

      ...ist auch gut so!

    • heinrich
      Das ist doch unverschämt übertrieben...
      Finde ich...
      So was habe ich nie verstanden...
      Wieso? Warum?
    • Gast, 5
      *!*
      ******

      Top!

    • absurd-real
      danke :)
      ja, denken ist eine Seuche und ein Segen zugleich!
    • stiller-art
      hat was zum nachdenken....
    • absurd-real
      danke :)
    • Franziska Kolbe
      Toll!
    • absurd-real
      ich gerade auch nicht:) außer: Danke;)
    • tescha
      schieb, ich habe keine passenden Worte...


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